Es ist angerichtet: Ein strahlend blauer Himmel und eine traumhafte Kulisse empfangen die 145 Athleten aus 20 Nationen hoch oben in den Alpen zum Auftaktrennen der Saison.
Im Mittelpunkt stehen aber keine Ski oder Snowboards. Die furchtlosen Athleten aus Europa, Nordamerika, Asien und Afrika sind bereit, um gnadenlos gegeneinander auf Schlittschuhen einen engen Eiskurs hinunter zu stürzen. Zu viert fliegen sie den Hügel hinunter, erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 80 km/h und bieten den Zuschauern an der Strecke packende Kopf-an-Kopf-Entscheidungen.
Willkommen zur Ice Cross Downhill World Championship, ein schnell wachsender Wintersport, der an diesem Wochenende im österreichischen Skiresort Wagrain-Kleinarl (Höhe 1,000 Meter) in seine 17 Saison startet. Auf die 132 Männer und 13 Frauen wartet ein kurvengespickter 300 Meter langer Track. Es ist der Auftakt in eine neun Stationen umfassende und vier Monate lange Meisterschaft, die in sechs Ländern Stopp macht. Das Finale der "schnellsten Sportart auf Schlittschuhen" findet vor über 100.000 Zuschauern am 3./4. März in Ottawa/Kanada statt.
"Die Leute sehen ein Rennen im TV oder einen Video-Clip mit der Geschwindigkeit und Action und wollen es einfach nur ausprobieren", sagt Marco Dallago, Weltmeister von 2014 und Renndirektor des Riders Cup Rennen in Wagrain. Dallago selbst ist auch erst 2012 per Zufall zu dem Sport gekommen. "Der Sport ist einfach nur fesselnd. Er packt dich gleich beim ersten Mal, wenn du ihn gesehen hast. Und hast du es erst einmal ausprobiert, gibt es kein Zurück mehr. Mein erstes Rennen war eine unglaubliche Erfahrung, und es hat mein Leben verändert. Es ist großartig, dass wir mit unserem Rennen hier noch mehr Leuten die Möglichkeit geben können, ihren Fuß in diesen Sport zu setzen. Das ist das bislang größte Starterfeld, und wir haben Athleten von Japan bis Marokko am Start."
Morokko? Ernsthaft?
"Ich haben 2008 online einen Film-Clip gesehen und wollte es seither immer mal ausprobieren", sagt Adil el Maifi, ein 36 jähriger Devisenhändler und Sahara-Wüstenguide aus Rabat, der bereits seit einer Woche unterwegs ist und ein Vermögen für dieses Abenteuer ausgegeben hat. "Mein erster Lauf war alles andere als gut. Ich bin gestürzt, und meine Beine haben so geschmerzt, dass ich diese Sprünge kaum machen konnte. Aber es wurde von Mal zu Mal besser. Es ist ein unglaubliches Gefühl, da so schnell herunter zu fahren."
Adil el Maifi genießt sein allererstes Ice Cross Downhill Event in Wagrain-Kleinarl an diesem Wochenende. Photo: Mark Roe/Red Bull Content Pool.
Marokko ist ein Land, in dem es nur zwei Eisbahnen gibt, die Temperaturen oft über 20 Grad betragen und man Schlittschuhe kaum vorfindet. Deshalb flog el Maifi eine Woche vor dem Rennen nach Paris, um sich Schlittschuhe zu kaufen und dort zu trainieren, ehe er weiter nach Österreich reiste. Er stand drei Jahre lang nicht mehr auf Schlittschuhen und Temperaturen wie die in Wagrain waren ihm fremd. Trainiert hat er in seiner Heimat auf Inlinern.
"Ich liebe den Wintersport", erklärt el Maifi mit einem Lächeln. "Und das ist der anspruchsvollste Sport, den ich jemals gesehen habe. Seit acht Jahren habe mir immer wieder gesagt 'Ich muss das mal ausprobieren'. Und ich bin froh, dass ich es getan habe. Ich mag die Geschwindigkeit und die Kurven, und ich bin stolz, dass ich Marokko hier vertreten kann. Aber beim nächsten Mal muss ich besser vorbereitet sein. Es ist noch härter als es ohnehin schon aussieht."